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"Flucht ist die letzte und radikalste Entscheidung, die man in einem Leben treffen kann"
Aleida Assmann Trägerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels
Das Buch von Christiane Hoffmann erschien genau eine Woche vor der Invasion russischer Truppen in der Ukraine. Die Schrecken der Vergangenheit werden
von denen der Gegenwart allzu schnell eingeholt.
Die Autorin studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Journalistik und ist jetzt stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung. Sie machte sich
im Januar 2020 auf den Weg, den ihr damals 9-jähriger Vater zusammen mit dessen Mutter und zwei Verwandten aus Furcht vor der einmarschierenden
Roten Armee bestritt. Der Flüchtlingstreck begann in Rosenthal, jetzt Różyna, in Schlesien und endete nach 550 Kilometern in Klinkhart, jetzt
Křiovatka, Egerland. Der Vater des Jungen und die zwei älteren Brüder waren an der Front.
Christiane Hoffmann geht den Weg ebenfalls zu Fuß, auch im Winter, aber allein, mit leichtem Gepäck und in wetterfester Funktionskleidung, stets
eine warme Übernachtungsmöglichkeit in Aussicht. In erzählerischem Stil wendet sie sich an ihren Vater, dessen kurz zurückliegender
Tod der Auslöser für diesen Weg war. Nach 75 Jahren kommt sie ins Gespräch mit Menschen, die von damaligen Ereignissen noch wissen,
etwas wissen, die von Geschehnissen berichten. Sie lernt Menschen kennen, die Hitler bis jetzt verehren, sie besucht kleine Grenzmuseen und bemerkt, wie
die Schrecken der Geschichte dennoch verblassen, wie Schicksale vergessen werden.
Im eiskalten Winter 1945 machte sich der Großteil der Rosenthaler Bevölkerung, darunter ein Neugeborenes und viele betagte Menschen, mit 50
Pferdegespannen im Schneesturm auf den Fluchtweg nach Westen. Die Geschütze der Roten Armee waren bereits zu hören und verfolgten den
Flüchtlingstreck.
Der Stoff dieses Buches ist eine Familiengeschichte, die stellvertretend für fast 14 Millionen Flüchtlingsschicksale steht. Wir können nur ahnen,
was Flucht, Vertreibung, Verlust der Heimat, von Hof und Tieren, was Fremdsein und Anpassung und Erinnerung bedeutet, aber Christiane Hoffmann lässt
die Leserschaft in der Ansprache an ihren Vater teilhaben, wie sich der Zug der Flüchtlinge im eisigen Winter immer weiter westwärts bewegte.
Und heute flüchten wieder Menschen in Europa vor den Schrecken eines Krieges.
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Ohne diese Zuschreibung wertend zu meinen, kann man dieses Buch wohl am besten als Fleißarbeit beschreiben. Davon zeugen zahllose Fußnoten mit Verweisen zu den Werken der vielen literarisch und künstlerisch tätigen Frauen und Männer, die in diesem Roman zu Wort kommen oder auch nur erwähnt werden. Angela Steidele fährt da eine ganze Menge geistiger Prominenz des 18. Jahrhunderts auf, angefangen natürlich mit der Familie Bach in Leipzig. Gelegentlich ist die Personaldichte durchaus herausfordernd (wir treffen neben einigen Bachs u.a. auch auf die Gottscheds, die Leipziger Verleger Breitkopf, die Theaterdirektorin Neuber, die Musikgelehrten Scheibe und Mizler, etliche Professoren der Universität Leipzig - und das ist nur eine Auswahl ...), auch wenn die Autorin sich bemüht, allen Charakteren klar herausstechende Eigenschaften mitzugeben. Dennoch und gerade deswegen ist dieser Roman keine Eintagsfliege, sondern ein Buch zum immer-wieder-Lesen.
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Als Filmemacherin muss sich Négar Djavadi ständig dem Problem stellen, dass es wohl nie möglich ist, alle Konsequenzen eines Vorkommnisses zu zeigen. Dieser Herausforderung stellt sie sich auch in ihrem Roman, in dem der Tod eines Jugendlichen in einem der weniger guten Viertel von Paris weite Kreise durch die Stadt, das Land und letztendlich - bedingt durch die beinahe zeitgleiche Berichterstattung in den sozialen Medien - auch weltweit eine Welle von Ereignissen auslöst. Djavadi zeigt einen interessanten Querschnitt der Pariser Bevölkerung: jünger und älter, mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen, reich und arm, und tatsächlich tut sie das in so überzeugender Form, so sagt es Thomas Thiel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, "dass man ihr den herausfordernden Tonfall abnimmt."
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Eigentlich ist an "Hausers Ausflug" gar nicht die Geschichte das interessant-erschreckendste, sondern die Vorgeschichte, in der David Hauser eine luftfahrttaugliche Kapsel entwickelt hat, in der mit Hilfe einer Drohne abgelehnte Asylsuchende aus Deutschland wieder in ihre Heimatländer geflogen werden können. Am Anfang des Buches sitzt er selbst darin, bis zum Ende wird sich nicht aufklären, wie er dort gelandet ist. Während er in einer namenlosen, öden Landschaft den Weg in die Zivilisation sucht, wird er den "normalen" Insassen der Kapsel immer ähnlicher: ein Mensch. Ohne seine üblichen, selbstverständlichen Privilegien und Annehmlichkeiten kämpft er ums Überleben.